Zeitgeschichte

….

„Herr Kastner. Könnten Sie uns bei der eben gestellten Frage weiterhelfen?“

Jana stößt Benny mit dem Fuß an und zischt leise: „Benny, aufwachen!“

Vollkommen neben sich antwortete Benny: „Ähm, ja, Herr Bleichinger. Wie war die Frage noch einmal?“

Die ganze Klasse begann ein schallendes Gelächter. Das Benny gedanklich so weit weg war hatten sie noch gar nicht erlebt.

„Vielen Dank für Ihre ungeteilte Aufmerksamkeit. Könnten Sie uns bei den Grundregeln der Vererbungslehre von Kühen behilflich sein?“

Nun konnte sich auch Herr Bleichinger ein breites Lächeln nicht mehr verkneifen. Benny stand neben seinem Stuhl und sah nachdenklich nach unten. Dann holte er tief Luft und wollte gerade seine Erklärung beginnen, als er vom Klassenlehrer freundlich unterbrochen wurde:

„Schon gut Benny, ich wollte nur wissen, wie weit Sie mir geistig gefolgt sind. Wir hatten heute das Thema ‚Klassische und Molekulare Genetik‘ wiederholt.“ Mit ernster Miene der Klasse wieder zugewandt: „Genug für heute. Pause.“

Die Klasse packte lachend ihre Sachen und ging dann in den nächsten Unterrichtsraum.

Benny war in Gedanken immer noch bei der Party des Jahres und ärgerte sich, dass er so weit abwesend war. Er nahm sich vor, das dies nicht noch einmal geschehen darf. Es war ihm äußerst peinlich.

Von nun an konzentrierte sich Benny wieder voll auf den Unterricht und schon bald hatte er sich seine vordere Stellung in der Klasse wieder erobert. Sein Wort galt etwas und viele suchten bei ihm Rat, wenn sie mit ihrem ‚Latein‘ am Ende waren. Benny half gern und das schätzte das gesamte Klassenkollektiv sehr.

Die Zeit verging schnell und schon bald lag nur noch eine Klausur vor ihnen, bis sie die, gemeinsam mit Jana geplante Geburtstagsparty, im Detail vorbereiten konnten.

Heute waren beide rechtzeitig auf dem Weg zur Schule. Sie schwiegen und jeder war auf seine Art mit der heutigen Klausur beschäftigt. Während Jana dem Ganzen gelassen entgegensah, die englische Sprache gehörte ja zu ihren Vorlieben, sah Benny diese Klausur mit gemischten Gefühlen. Er war in Englisch auch gut, konnte sich aber bei dem Merken von Vokabeln nicht immer auszeichnen. Dann waren sie in der Schule angelangt.

„Guten Morgen, die Herrschaften.“, begrüßte sie freundlich der Englischlehrer, der schon vor der Schule Ausschau nach sein Schäfchen hielt. Er wollte sicherstellen, dass sich niemand zu spät in den Klassenraum begab. Pünktlich schloss er die Klassentür hinter sich und begrüßte die Abiturklasse.

Jetzt erfolgte die kurze Belehrung und dann ließ er die Aufgabenblätter verteilen. Nachdem jeder bedient war, stellte er den großen Wecker auf seinen Tisch und lud die Schüler mit einem freundlichem: „Bitte, meine Damen und Herren, Sie dürfen beginnen.“, zur Englisch-Klausur ein.

Unter der Überschrift ‚My life-family, friends, hobbies and career aspiration‘ dürfen die Abiturienten sich nun im feinsten Englisch produzieren und beweisen, dass die vielen Jahre Englischunterricht nicht spurlos an ihnen vorübergegangen sind. Während Benny noch die erwarteten Startschwierigkeiten hat, ist Jana hier ein wenig lockerer und strukturiert ihre Arbeit.

Es ist ruhig geworden im Klassenzimmer. Jeder versucht in seinem Hinterstübchen, die gefestigten Vokabeln zu orten und recht bald haben sie alle ihren Start gefunden. So ist die Klasse tief konzentriert, unterbrochen nur von den üblichen Fragen nach dem dringend notwendigen Toilettengang. Dieser findet dann in Begleitung eines Lehrers der Unterstufen statt.

Jana ist wie erwartet unter den Ersten, die mit ihrer Arbeit fertig sind. Ihre Lernstunden mit Maria haben sich wohl ausgezahlt. Eine leichte Unruhe setzt ein, was der Englischlehrer als Zeichen dafür vernimmt, dass seine Schützlinge kurz vor dem Ende der Arbeit stehen und sich nur noch bei den Klassenkameraden vergewissern wollen, dass sie sich bei den einen oder anderen Übersetzungen auf dem richtigen Weg befinden.

In diesem Moment unterbricht ein lautes Rasseln die Ruhe im Raum. Der Wecker verkündet das Ende der Klausurzeit.

„So, das war es. Bitte die Arbeiten beenden und Ihren Namen auf dem Deckblatt nicht vergessen.“

Dann lässt er die Arbeiten einsammeln, bedankt sich für die Ruhe und konzentrierte Mitarbeit bei der Klausur und wünscht allen noch einen schönen Nachmittag. Jana und Benny schauen sich fragend an. Ihren Augen entnehmen sie, dass wohl alles ganz gut gelaufen ist. Sie packen ihre Sachen und begeben sich zügig auf den Schulhof.

Dann machen sie das, was viele ihrer Mitschüler nun auch machen. In schnellen Gedankensprüngen werden die eigenen Stilblüten der Arbeit besprochen, wissend, dass es für eine Änderung der Arbeit sowieso zu spät ist.

Es bleibt ihnen nun nichts anderes übrig, als die vier Wochen bis zur Ergebnisbekanntgabe zu warten. Jana und Benny kommen zu dem Entschluss, dass die Klausur relativ gut gelaufen ist und konzentrieren sich auf die nächste große Herausforderung; Ihre Geburtstagsparty. Mit ruhigen Schritten schlendern sie in Richtung ihrer Wohnungen.

„Hast Du eigentlich noch Bestellbestätigungen bei Dir zu Hause? Mir fehlen noch die schriftlichen Zusagen der Gaststätte und der Jungs von der Band.“

„Ja, habe ich beide erhalten und die Band wird wie zugesagt kostenfrei agieren, sieht den Abend als Probe vor Publikum und hat seit kurzem sogar eine Frontfrau als Sängerin. Sie soll sehr gut sein. Ich habe mich mit ihnen auch über die Musikrichtung beim Essen und auch beim Tanzen abgesprochen“, kann Benny stolz berichten.

„Dann kann es ja losgehen. Alle eingeladenen Gäste haben zugesagt. Ich kann es kaum noch erwarten.“

„Es sind doch nur noch zwei Tage, die schaffen wir auch noch.“, beruhigt Benny seine Jana mit leichtem Lächeln. „Heute Abend können wir uns nicht sehen. Meine Mutter möchte mit mir noch einmal die Garderobe für Samstag durchgehen.“

„Alles klar, dann gehe ich die Gesellschaftsspiele noch einmal durch.“, gibt Benny lächelnd zurück. Sie verabschieden sich mit kurzem Kuss und Benny trottet gut gelaunt weiter in Richtung der Wohnung seiner Eltern.